Stadt.Land.Fluss - eine Projektion

Es ist ein Dilemma und wird es wohl bleiben: Der gemeine Städter beginnt irgendwann mit sich und seinem eigenen Lärm zu hadern. Er will raus aufs Land. Menschen von dort, besonders jüngeren Geburtsdatums, ziehen es wiederum vor wegzuziehen und in der Stadt aufzuschlagen, egal, was es daheim an elterlichen Höfen zu vererben gibt. Und der Fluss? Sollte beiden genügen. Sollte bitte – wenn es besonders gut läuft –Symbol sein fürs Panta rhei des Daseins. Manchmal ist ihm das zu viel. Da staut er auf und macht sich breit. Wer will es ihm verdenken!

Des Erdlings Sehnsucht ist ein typischer Fall von Projektion. Dass anderswo das Gras viel grüner sei, wird dabei gern gepredigt, selbst dort, wo das Gras längst fehlt oder nie gewachsen ist. Immer wieder neu denkt der Mensch daran, die heimische Scholle zu verlassen und schmiedet Pläne, die für heute taugen sollen oder übermorgen. Manchmal will er einfach weg, manchmal muss er. Das mit dem Ankommen steht auf einem anderen Blatt. Vielleicht wird gar nichts daraus.

Wie wäre es mit einem Tausch? Mit einer Probezeit, in der Landflucht nicht länger Flucht heißt, sondern Option und in der ein Metropolenbürger über die durchschnittliche Dauer einer Urlaubsfahrt hinaus bleiben darf, wo das Breitband noch schmal ist, aber die Luft so entschieden besser.

Vielleicht von Sonnenwende zu Sonnenwende.

Am 21. Dezember, wenn der Tag sich wieder zur Staffelübernahme rüstet und die Nacht ihren letzten großen Sieg des Jahres feiert, wird alles in neuem Lichte besehen – 2018 wie in den sechs Jahren zuvor. Es ist KURZFILMTAG in Deutschland. In Nord und Ost, West und Süd. In Straßenbahnen, Einkaufstempeln und Clubs, auf Höfen und Häuserwänden, in Ställen, Kinos, Museen, Schlössern, Stadien und Telefonzellen, auf Weihnachtsmärkten, Treppen und warum nicht auch auf Fähren und Schiffen!

Sich wiederfinden im Film. Über kurz ohne lang. Die Gelegenheit ist günstig.

Stadt.Land.Fluss - was für ein Motto! Wo, wenn nicht dort spielen sie ja, all die kleinen und großen, süßen und bitteren, wahren und ausgedachten Geschichten des Lebens. Städte, Länder, Flüsse spiegeln sie millionenfach in spektralfarbigen Tönen. Grell und blass, stumm und laut, prall und zart, tieflotend und aus reinem Jux heraus. Also Lachen machend, aber Weinen bitte auch. Spannend, albern, heftig, Horizonte öffnend. In klaren Grenzen oder völlig grenzenlos. Dort werden die Geschichten zu Filmen, sind sie keine Minute lang oder 20 Mal so viel. Dort sind sie mehr oder weniger.

Man weiß alles voneinander und nichts, sagt der Laie zum Profi, das Kind zum Opa, die Fernen zu den Nahen, die Neuen zu den Gebrauchten. Man kämpft gegen Ströme und Untiefen und oft genug haben diese Kämpfe überhaupt nichts mit Wasser zu tun, sondern mit Gräben.

Brücken mögen wir lieber. Und Rückenwind, wo alles eh schon so schnell vergeht.

Doch auch das, eine Projektion.

Andreas Körner

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